Herzchirurgische Eingriffe nach Mammakarzinom und Radiatio. Ist der A. mammaria interna Bypass obsolet?

Zusammenfassung Hintergrund Beim zunehmend älteren Patientengut steigt die Anzahl von kurativ abladierten und bestrahlten Patienten nach Mammakarzinom mit einer Indikation zu einem herzchirurgischen Eingriff. Ob bei diesen Patienten postoperative Komplikationen, insbesondere sternale Wundheilungsstörungen, vermehrt auftreten, wird kontrovers diskutiert. Ungeklärt ist die Frage, ob der Vorteil der arteriellen Revaskularisation mittels A. mammaria interna (ITA, internal thoracic artery) auch für bestrahlte und/oder abladierte Patienten gilt, oder ob mit strahleninduzierten Schäden am Graft zu rechnen ist. Material und Methoden Zwischen 1/94 und 12/01 unterzogen sich 70 Patienten (Alter: 49–85 Jahre) mit Zustand nach Ablatio mammae oder Hodgkin/non-Hodgkin-Lymphom und mediastinaler Nachbestrahlung einer koronaren Bypass-Operation (n=59) (CABG, coronary artery bypass grafting) oder einem Aortenklappenersatz (n=11). Bei 20 Patienten wurden zur Myokardrevaskularisation beide ITAs verwendet, bei 34 eine und bei 16 keine. Die perioperativen Daten und Komplikationsraten, wie Mortalität, Myokardinfarkt, Wundinfektion und Sternumrefixation, wurden dokumentiert und mit allen anderen Patienten nach koronarer Bypassoperation (n=5102) im entsprechenden Zeitraum verglichen. Bei 24 Patienten wurde die ITA histologisch untersucht. Ergebnis Das perioperative Risiko war bei bestrahlten Patienten im Vergleich zur altersentsprechenden Kontrollgruppe nicht erhöht. Ein strahleninduzierter Gewebeschaden der ITA wurde weder funktionell im Flussverhalten noch histologisch beobachtet. Die Anzahl der postoperativ aufgetretenen Sternuminstabilitäten bzw. der Notwendigkeit einer Sternumrefixation war nicht signifikant verschieden. Schlussfolgerung Nach den Erfahrungen dieser Untersuchungsreihe ist ein Verzicht auf die Verwendung der ITA als Bypasstransplantat bei Patienten nach Mastektomie und Bestrahlung nicht zu rechtfertigen. Auch Patienten nach Radiatio darf der bekannte Langzeitbenefit mit Verwendung der ITA als Bypassgraft nicht vorenthalten werden.